Also lautet ein Beschluss, dass der Mensch was lernen muss. - (Wilhelm Busch / Max und Moritz) |
Die erste Schule in Bärstadt wurde 1574 erbaut. Seit 1555 war der Bau bereits geplant. Der ursprüngliche Ort dieser Kirchspielschule ist nicht bekannt. 1692 erfolgt dann ein Neubau der Kirchspielschule gegenüber dem Pfarrhaus (Schützenstraße 1). Dieses Gebäude musste alle Kinder des Kirchspiels Bärstadt aufnehmen.1825 erfolgte dann der Bau des Rat- und Schulhauses in der Rathausstraße (früher Schulstraße), da nicht alle Schüler räumlich untergebracht werden konnten. 1828 wurde die alte Kirchspielschule an die Familie Thurn verkauft.1955 wurde die neue Schule (erst Volksschule dann Mittelpunktgrundschule) zwischen Tiergarten und Schulstraße gebaut.
Die erste Schule in Bärstadt war eine sogenannte Kirchspielschule, die auch von den Kindern der umliegenden Orte besucht wurden. Ab 1806 besuchten nur noch die Bärstadter Kinder die Kirchspielschule. Die Eltern hatten Schulgeld zu entrichten. Die Lehrer unterstanden bis 1817 der Aufsicht der Kirche. In der Regel war der Dorfpfarrer auch gleichzeitig der Schuldiener (heute Schullehrer), manchmal nutzten aber auch die Absolventen des Theologiestudiums ihre Wartezeit auf eine Pfarrstelle als Schullehrer. In anderen Fällen waren es Studenten mit abgebrochenem Studium oder sogenannte Dinglehrer. Diese waren oft Handwerker mit begrenzten pädagogischen Fähigkeiten.
Nachdem 1779 Idstein ein Lehrerseminar eingerichtet hatte, stand dann 1806 mit Phillip Konrad Adolf Linkenbach wohl auch der erste studierte Lehrer zur Verfügung, der diese Aufgabe 30 Jahre erfüllte. Die Schüler besuchten die Schule vom 6. bis zum 14. Lebensjahr. Durch den Erlass der allgemeinen Schulpflicht des Kaisers Wilhelm II mussten alle Kinder des Deutschen Reiches eine Schule besuchen. Der Lehrinhalt war in den 18 Ländern des Reiches regional unterschiedlich (beinahe wie heute). In der Weimarer Republik wurde dann nach 1919 das dreigliederige Schulsystem eingeführt.
Über
das flache Land erstreckte sich so ein Netz einklassiger Schulen (8 Jahrgänge
in einem Schulraum, mit einem Lehrer). Als Einheitsschule für alle Kinder wurde diese
Grundschule in Deutschland 1920 durch das Reichsgrundschulgesetz auf der
Grundlage des Art. 146 der Weimarer Verfassung eingerichtet. Im Laufe der Zeit
ergaben sich so viele Veränderungen und
Erkenntnisse in Forschung und Wissenschaft, dass der einfache Dorflehrer
mit der Vermittlung dieses Wissens einfach überfordert war. Die logische
Konsequenz war das gegliederte Schulsystem mit Lehrern für die verschiedenen
Fachbereiche. Die alte Schule in der Rathausstraße war nach Kriegseinwirkungen
(Bombeneinschlag im Nachbarhaus) stark renovierungsbedürftig und wurde 1955
durch die neue Mittelpunktgrundschule in der (heutigen) Schulstraße ersetzt.
Das Rathaus (mit
Schule) in der Rathausstraße entsprach in seiner Formensprache dem
Klassizismus, wie viele der Nassauer Kommunalbauten bis 1866 (vergleiche hierzu
Rathaus Wörsdorf).
Zur Einschulung bekamen die Kinder einen großen Hefebrezel von den Eltern. Gewöhnlich wurden die Kinder von der Mutter zur Einschulung begleitet. Der Pfarrer war dann anwesend und sprach noch ein Gebet. Eine Schultüte wie sie heute jeder Schüler/in bekommt wurde erst nach dem Krieg durch die Kriegsflüchtlinge und Heimatvertriebenen eingeführt. Die Einschulung fand im Frühjahr statt. |
Einschulung Einschulung mit Frau Guder Theo Kaiser und Pfarrer Richter |
Die Schule besaß 2 Schulräume im 1.OG, eine Küche und den Rathausraum rechts, sowie den Rathausraum links im EG. Der Plumpsklo für die Jungs befand sich links neben der Schule und das der Mädchen war hinter der Schule. Die Schule besaß außerdem zwei Schulgärten. Einer am Rathaus und einer in der Nähe des heutigen Fichtenwegs. In den Klassenräumen stand ein runder Holzofen aus Eisen. Die Mädchen saßen von den Jungen getrennt in Klappbänken. Die zwei Klassenräume waren aufgeteilt für die jüngeren und die ältern Schüler/innen. Das Brennholz wurde von der Gemeinde gestellt. Der Ortsdiener Herr Räse machte das Feuer an, die Jungen hatten beim Holzhacken und Holzholen zu helfen. Zur Unterstützung des Unterrichts gab es ein Harmonium und ein Terrarium. Dieses Terrarium wurde dann z.B. mit einer Blindschleiche oder Fröschen bestückt und über einen gewissen Zeitraum beobachtet. Um den Unterricht etwas kurzweiliger zu gestalten, wurde ab und an heimlich von den Schülern eine Maus im Klassenraum ausgesetzt. Dies sorgte dann für Aufruhr, um die Schulkinder zu beruhigen wurde ein Katze geholt. Die Katze war jedoch so satt, dass sie nicht auf Mausjagd ging...
Zur Züchtigung der Kinder gab es den Haselnussstecken. Die Buben spürten dies auf dem „Hintern“, die Mädels auf den Händen.
Hertha Höhn saß damals in der hinteren Reihe am Fenster und beobachtete gespannt das Treiben am alten Gemeindehaus neben der Bäckerei Kaiser. Hier war die Kelter, der Leichenwagen und die Dorfwaage untergebracht. Beim Wiegen des Schlachtviehs (Rinder, Schweine, Schafe) am Montag, gab es immer Unruhe an der Waage. Neugierig und interessiert von diesem Treiben schaute Hertha aus dem Fenster, wobei der Lehrer sie erwischte. Zur Bestraffung musste sie sich die Schülerin in die Ecke stellen... |
Auf dem Bild erkennt man das alte Gemeindehaus und im Hintergrund links das 1825 erbaute Rathaus/ Schule.
Die Kinder wurden unterrichtet in Rechnen, Schreiben, Lesen und Naturkunde, außerdem wurde ab und an gesungen. Schulzeit war von 8-10Uhr und von 10.30-12.00 Uhr. Für die Schülerinnen gab es einmal pro Woche nachmittags Koch- und Handarbeitsunterricht. Eines der wenigen Fotos aus dem Schulraum der alten Schule in der Rathausstraße zeigt Dina Hofmann Þ |
Da im Krieg nur ein Lehrer zur Verfügung stand mussten die älteren Schüler auf die jüngeren Schüler aufpassen und somit den Lehrer entlasten. Als Schulbuch gab es ein Realienbuch und ein Rechenbuch. Das Auswendiglernen von Gedichten und Liedern war an der Tagesordnung. Diese Lieder wurden dann z.B. bei einer Beerdigung vorgetragen. Hierfür bekamen sie anschließend einen Reiheweck. Für die Schülerinnen gab es nachmittags Koch- und Handarbeitsunterricht. Für landwirtschaftliche Arbeiten konnten die Kinder von der Schule freigestellt werden.
In Not- und Kriegszeiten mussten die Kindern draußen mit anpacken. So musste 1936 beim großen Windbruch mitgeholfen werden oder es wurden Kartoffelkäfer gesammelt. Im Krieg wurde alles nützliche in der Natur gesammelt, wie z.B. Bucheckern oder Kräuter, die dann an Sammelstellen abgegeben wurden. Vorbildlich war auch die Gesundheitsfürsorge. Bereits in den 40er Jahren kam jährlich ein Zahnarzt/in und untersuchte die Zähne der Schulkinder.
Klassenfahrten oder Wanderungen in der Natur mit Lehrer oder Förster bereicherten den Schulalltag. Ausflüge zur Loreley oder zur Hallgarter Zange wurden mit den Schulkindern ab der 5. Klasse unternommen.
Schulausflug zur Loreley auf einem Rheinschiff |
Besuch Frankfurter Zoo 1950 mit Frau Guder |
In der Regel verließen die Schüler dann mit 14 Jahren die sogenannte Volksschule und suchten sich eine Lehrstelle oder mussten in der heimischen Landwirtschaft mitarbeiten.
Die begabten Kinder des Ortes hatten jedoch auch die
Möglichkeit die nächste
weiterführende Schule in Bad Schwalbach, die sogenannte Hufeisenschule, zu
besuchen. Dort konnte man die Realschule besuchen. Der täglich Fußweg nach Bad
Schwalbach war jedoch weit und nur wenige Kinder besuchte die Realschule.
Durch die Trennung von Beruf und Lebensort in den 50iger Jahren vollzog sich ein grundlegender Wandel in Bärstadt und den umliegenden Taunusdörfern.
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Schulzeugnis
aus dem Jahr 1916 von Philipp Kaiser |
Die Schulgebäude
Die erste Kirchspielschule von 1692 in der Schützenstraße 1, gegenüber dem Pfarrhaus. |
Die „alte“ Schule von 1825 im Rathaus. Rathausstraße 2 ehemals Schulstraße |
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Ehemalige Volksschule Bärstadt in der Schulstraße, erbaut 1954 |
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